In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Fragen zur Kultur und Pflege, Vermehrung, Düngung, Technik,
Schädlingen und Pflanzenschutz etc.
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Berlinickerin
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Re: In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Beitrag von Berlinickerin »

Stimme Kai zu. Man könnte echt dieses Labor (oder andere) mal vormarschieren lassen mit 1-2 Arten, die sie als 'rar' und vermarktbar einstufen. Denn ich nehme mal an, was richtig schön teuer ist, ist die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung des Verfahrens für Tillandsien in größerem Stil. Wenn die da selbst die Kosten tragen und nur ggf. etwas Pflanzenmaterial bräuchten... :ewhistle

Und wenn das Ganze dann ausgereift ist und sich die Kosten eingepegelt haben (da muss ein Unternehmen ja eh drauf hinarbeiten), könnte man mit einem eigenen 'Projekt' einsteigen, also mit einem Auftrag für eine wirklich seltene, bedrohte Art.

Weiß denn zufällig jemand, ob vielleicht andere Bromeliengesellschaften an ähnlichen Projekten knobeln? Es klingt oben im Thread ja so, als hätte es dazu jedenfalls mal auch international Interesse gegeben?

Viele Grüße
Jule
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Charles Dawkins
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Re: In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Beitrag von Charles Dawkins »

Hallo Jule,

ich gebe dir in fast allen Punkten Recht, aber an einer Stelle muss ich etwas korrigieren.
...könnte man mit einem eigenen 'Projekt' einsteigen, also mit einem Auftrag für eine wirklich seltene, bedrohte Art.
Es wird nicht so sein wie bei Orchideenkreuzungen wo man dem Labor einen Auftrag gibt und dafür selber bezahlen muss.

Nein, der Zellkulturbetrieb kauft selber Saatgut oder Jungpflanzen von seltenen Arten mit gesicherter, genauer Herkunft die er vermehren und anbieten möchte. Es müssen natürlich frei vermehrbare Pflanzen sein. (siehe Nagoya Protokoll). [1]

Wir können dem Betrieb aber die Bezugsquellen geben, um überhaupt an solche Pflanzen zu gelangen, deren Erhalt uns so wichtig ist!

Ebenso können wir natürlich auch Interesse äußern was in das Sortiment aufgenommen werden könnte.
Es ist es ein wirtschaftlich arbeitender Betrieb, der von seinen Pflanzenverkäufen, und damit natürlich von seinen Kunden lebt.

Wenn Produktion und Verkauf erfolgversprechend verlaufen wird das Sortiment sicher ausgedehnt.
Angebot und Nachfrage halt. Und die Nachfrage kann man ja durchaus auch artikulieren. :D

Quellen:

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Nagoya-Protokoll
"Unser Leben ist so sinnvoll, so ausgefüllt und großartig, wie wir selbst es gestalten. Und wir können es wirklich großartig gestalten." - Richard Dawkins
Arvensis
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Re: In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Beitrag von Arvensis »

Wir fahren offenbar in komplett andere Richtungen.

Mein Anliegen wäre primär einen einfache und erschwingliche Methode direkt an ein seltenes Exemplar zu kommen.

Wenn wir einer Firma Pflanzen direkt überlassen oder sonstwie Zugang ermöglichen ohne Option auf Erstabnahme funktioniert das natürlich nicht. Das ist leider recht teuer, wenn auch nicht unmöglich. Artenschutz ist ein ziemlich komplexes Thema dem man leider wohl nicht so einfach beikommen kann.
Aber man weiß ja nie. :D

Daher habe ich auch das Beispiel mit Tillandsia kautskyi angeführt - das war gar nicht als Kritik gemeint sondern als "weitere interessante Methode". Ben's Jungle ist der 3. Händler in diesem Jahr bei dem ich diese Seitentrienbildung bei Jungpflanzen von T. kautskyi gesehen habe. Wenn durch Phytohormone eine recht einfache Vermehrung ohne die aufwendige in-vitro-Methode möglich ist sollte man vielleicht auch diese Methode in Erwägung ziehen. Auxine kosten nicht allzuviel und man muss sie nur auftragen - kein großer Aufwand also.

Ich habe auf einer japanischen Bromelienhändler-Seite ausgewachsene T. kautskyi-Exemplare angeboten gesehen für 120 Dollar. Die Frage ist ob es wirklich genug Fans gibt die soviel Geld ausgeben würden. Für die Fachfirmen ist ja eher der Massenkonsument interessant. Eine Phalaenopsis z.B. blüht sehr lange, geht nicht ein nach der Blüte, ist nicht heikel in Pflege und kann auch für 5,99€ durchaus gut sein. Tillandsien hingegen...

Leider tragen die Fans auch selber zur Umweltzerstörung bei; viele wollen das neueste und seltenste Exemplar um sich von der Masse abzuheben. Es reicht ja nicht T. ionantha zu besitzen, es muss T. ionantha var van-hyningii sein ...., Tillandsia juncea gab es früher an jeder Strassenecke, heute hat die fast niemand mehr.

mfG

Alex
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Charles Dawkins
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Re: In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Beitrag von Charles Dawkins »

Hallo Alex,

ja...irgendwie meinen wir anscheinend etwas verschiedenes.

Tillandsia kautskyi gibt es in Tschechien für etwa 6,5 Euro, innerhalb Deutschlands ist es meist irgendwas um die 10-20 Euros, auch größenabhängig. Man findet meist mehrere Quellen gleichzeitig, und sie findet sich in fast jeder größeren Sammlung. Unter selten in Kultur verstehe ich etwas anderes, und 120 Dollar dafür zu verlangen halte ich für realitätsferne Abzocke.

Alle Pflanzen die ich bislang gesehen habe sind außerdem ohne jegliche Herkunftsangabe angeboten worden.
So wie ich das aus Renate Ehlers Buch entnehmen kann ist diese Tillandsie aber sowohl in Espirito Santo als auch in Rio de Janeiro heimisch, und stammt auch aus unterschiedlichen Höhenlagen. Nicht nur geographisch sondern auch optisch besitzt die Art eine gewisse Variabliltät, Herr Truchlik aus Östtereich hat z.B. ein Foto einer zapfenartigen Form auf seiner Homepage abgebildet.

Hier hätte man das Problem einer korrekten Herkunftsbezeichnung, denn ohne genaue Angaben sind die Pflanzen für den Naturschutz ohne Belang. Ist halt einfach eine Kulturform, und womöglich einfach verschiedene Herkünfte in Kultur gekreuzt.

Eine Sache stimmt: Tillandsia kautskyi könnte man natürlich benutzen um damit die Zellkultur an Tillandsien zu üben.

Aber einfach normale Sämlinge mit Phytohormonen zu behandeln ist etwas anderes wie schon gesagt. Außerdem was habe ich von einer Methode die offensichtlich nicht immer den erhofften Erfolg bringt?
Mag ja sein das T. kauskyi besonders sensibel und mit Sprossenbildung reagiert, aber warum sehe ich dies dann beim gleichen Händler nicht auch an anderen wertvollen- oder langsamwüchsigen Arten?
Mein Anliegen wäre primär einen einfache und erschwingliche Methode direkt an ein seltenes Exemplar zu kommen.

Wenn wir einer Firma Pflanzen direkt überlassen oder sonstwie Zugang ermöglichen ohne Option auf Erstabnahme funktioniert das natürlich nicht. Das ist leider recht teuer, wenn auch nicht unmöglich.
Du möchtest doch möglichst schnell an ein Exemplar kommen. Dann ist Zellkultur aber genau die Methode der Wahl!

Eines muss ich außerdem richtigstellen:

Wir überlassen dem Zellkulturbetrieb keine Pflanzen, sondern VERKAUFEN ihm schutzwürdige Pflanzen mit genauer Herkunft. Diese darf er dann in Zellkultur vermehren und anbieten.

Das kostet uns keinen Pfennig, sondern bringt im Gegenteil demjenigen der die Pflanze zu Zellkulturzwecken angeboten hat ein wenig Geld ein.

Nachdem der Zellkulturbetrieb seine Pflanzen herangezogen hat kann er sie natürlich frei verkaufen.
ohne Option auf Erstabnahme funktioniert das natürlich nicht
Wozu möchtest du diese Option der Erstabnahme denn? Du wiedersprichst dir selber wenn du dann sagst:
viele wollen das neueste und seltenste Exemplar um sich von der Masse abzuheben.
Mir reicht es völlig wenn ich weiß das die seltenen Arten in Vermehrung sind, und später in ausreichender Stückzahl und für einen erschwinglichen Preis angeboten werden.

Wer die Pflanzen als erster haben möchte zahlt dann womöglich etwas mehr, solange noch nicht viele Pflanzen verfügbar sind. Aber jeder Liebhaber hat damit frühzeitig oder später die Möglichkeit, diese Arten zu erhalten ohne Raubbau an der Natur zu betreiben oder viele Jahre auf Kindel der Wunschpflanze zu warten.

Der Zellkulturbetrieb muss damit schließlich seine entstandenen Kosten herausbekommen und nach Möglichkeit auch Gewinn machen. Das wird mit einer Probepflanze und der Forschung die erstmal dafür nötig ist kaum gelingen. Aber wenn die Technik bei anderen Arten in ähnlicher Weise anzuwenden ist und sich genug verschiedene Pflanzen verkaufen, dann sind die Preise erfreulich niedrig und das Angebot kann durchaus sehr vielfältig werden.

Schau dir einfach mal die Haworthien als Beispiel an.

Dort werden einige Pflanzen schon für 2 oder 3 Euros angeboten, Japanische Züchtungen die vorher langwierig durch seltene Tochterrosetten vermehrt wurden und immense Summen kosteten werden nun in guter Qualität für einen günstigen Preis angeboten.
In der Natur seltene Arten die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurden wie z.B. Haworthia groenewaldii oder Haworthia marxii sind durch Zellkultur schon allgemein im Hobby verfügbar. Besonders schöne Einzelpflanzen aus der Natur können mit genauer Herkunftsangabe für alle verfügbar werden. Ich besitze eine wundervolle Haworthia groenewaldii mit runden, stark weiß getupften Blättern. Diese Form stammt zwar aus der Natur, aber sie ist sehr selten in solch einer Vollendung zu finden. Nun, man muss nicht die wenigen besonders schönen Pflanzen in der Natur vernichten. Diese Pflanzen sind durch die Zellkultur für alle erhältlich!

... und genau dieses Szenario wünsche ich mir auch für die Bromelien. Jeder profitiert davon!

Gruß,
Kai
"Unser Leben ist so sinnvoll, so ausgefüllt und großartig, wie wir selbst es gestalten. Und wir können es wirklich großartig gestalten." - Richard Dawkins
eastside
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Re: In-Vitro-Anzucht von Bromelien

Beitrag von eastside »

Schade das so ein wichtiges Thema über die Jahre vollkommen zum Erliegen gekommen zu sein scheint!
Ein wahrer Freund ist der, der Schmerzen in deinen Augen sieht, waehrend alle anderen nur Lae cheln auf deinem Gesicht glauben. hülle für iphone 6 und iphone 6 plus
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