Pflege

Fragen zur Kultur und Pflege, Vermehrung, Düngung, Technik,
Schädlingen und Pflanzenschutz etc.
Andreas Böker
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Pflege

Beitrag von Andreas Böker »

Hallo Bromelienfreunde,

wer sagt eigentlich, dass man sich auch im Sommer um seine Pflanzen kümmern muss? Mir ist wohl unbemerkt im Sommer ein Missgeschick passiert und das hab ich erst kürzlich bemerkt.

Eine meiner brasilianischen Tillandsia stricta hat sich selbständig gemacht und war irgendwie auf meinem Gewächshausdach gelandet. Von der Sonne verbrannt, in der Dachrinne liegend vom Regen ertränkt...... Und keiner hat sich um die bedauernswert Pflanze gekümmert.

Doch von wegen:

Bild

Bild

Ich hatte noch nie eine solch prächtig ausgefärbte Till. stricta.

Schade das diese Farbe wohl in kurzer Zeit wieder verschwunden sein wird:

Bild

Na, nächstes Jahr wandern mal einige mehr auf's Dach.
Andreas Böker

...... www.tillandsia-web.de
BerndBS
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Beitrag von BerndBS »

Hallo,
da hat sie durch Rückspiegelung wohl wesentlich mehr Licht bekommen - aber noch nicht so viel wie in der Heimat.
Bei vorher guter Düngerversorgung kann sie auch eine Weile ohne das Absterben alter Blätter aus der Substanz leben - durch Umlagerung.

Wie lange hat die denn da ohne Pflege gelegen?

Viele Grüße
Bernd
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JoachimInB
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Beitrag von JoachimInB »

BerndBS hat geschrieben:da hat sie durch Rückspiegelung wohl wesentlich mehr Licht bekommen - aber noch nicht so viel wie in der Heimat.
Hallo Bernd,

die Intensität der Sommersonne hierzulande kann durchaus die der Naturstandorte erreichen oder übertreffen. Zum einen beträgt die Dauer des Sonnenscheins bei uns im Sommer deutlich über 12 Stunden, darüberhinaus fehlt meist die Dunstschicht, die in den Tropen das Sonnenlicht zumindest in niederen Lagen doch erheblich streut. Auch sind Arten wie T. stricta als in eher feuchten Gebieten vorkommende Epiphyten wohl kaum einer so direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt, wie sie im Sommer auf einem Herforder Gewächshausdach herrschen kann. Insofern finde ich Andreas' Pflanze schon bemerkenswert und auch die Tatsache, dass sie nicht verbrannt ist.

Gruß,
Joachim
BerndBS
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Beitrag von BerndBS »

Hallo Joachim,
ich war zwar noch nie am Naturstandort - aber auch von (Hobby-)Forscher bei Wasserpflanzen höre ich immer wieder, dass es an dem Urwaldbach "stockdunkel" war.
Hast Du wirklich schon einmal Durchschnitts- und Extremwerte gemessen?
Das menschliche Auge wird da schnell getäuscht.
Bei klarem Himmel erreicht die Lichtintensität in den Tropen mehr als das 20-fache der Werte unserer Heimat.
Die Beleuchtungsdauer und -Summe sind zudem relativ unwichtig - die Extremwerte veranlassen die Pflanze, ihren Lichtschutz - die Verfärbung - aufzubauen.

Nach meiner Erfahrung hat auch der Ernährungszustand der Pflanze hohe Bedeutung für die Ausfärbung und Lichttoleranz.
Im günstigen Fall kann man z. B. selbst Phalaenopsis ohne Verbrennungen im Südfenster kultivieren!

Viele Grüße
Bernd
Andreas Böker
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Theorethiker

Beitrag von Andreas Böker »

Ihr zwei Theoretiker ( :D ),

die Pflanze ist doch einfach nur toll - oder?
Andreas Böker

...... www.tillandsia-web.de
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Denis Gödecke
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... rein theoretisch

Beitrag von Denis Gödecke »

Hallo liebe Bromelienfreunde,

@ Andreas, natürlich ist die Pflanze absolut genial. Ich durfte sie ja live sehen (noch besser als auf dem Bild!).

Vergessen wir mal die "normalen" Kulturerfahrungen. Interessant ist natürlich, dass die Pflanze nicht verbrannt ist. Der viele Regen in diesem Sommer hat sicher dafür gesorgt, dass sie nicht vertrocknet ist. Aber warum ist sie nicht verbrannt?

Im Frühsommer sind mir zwei Pflanzen regelrecht versengt. Diese hatte ich einige Monate zuvor aus einer gärterischen Gewächshauskultur erworben. Nach Aussagen einiger anderer Brom-Freunde ging es ihnen im Frühsommer auch so. Nun ist ja bekannt, dass die Märzsonne sehr intensiv ist. Aber die Pflanzen waren schon eine Weile draussen (seit Mitte April), nachdem sie dann Ende Mai/Anfang Juni Schaden genommen haben. Sie hingen nicht in der prallen Sonne, sondern eher leicht absonnig.

In den Tropen sorgt der sogenannte "dimming effect" dafür, dass die Strahlung nicht direkt auf die Oberfläche trifft, sondern diffus. Grund dafür sind u.a. hohe Luftfeuchtigkeit, Flugasche von Vulkanen, Staub aus der wüstenartigen Regionen und natürlich (nein künstlich) Feinstaub aus industriellen Gebieten oder Städten (Smog, global dimming effect). Dieses Licht würde den größten Teil des Lichtdargebotes ausmachen, aber es gibt ja auch klare Tage. An diesen brennt die Sonne ja Alles weg. Diese Tage wären dann laut Bernds Beschreibung die ausschlagegebenden Faktoren für die verstärkte Ausbildung von Gegenmaßnahmen (hier Veränderung der Farbstoffanteile zum Lichtschutz). Es gibt ja eine Reihe von hochandien Bromelien (Vriesa, Tillandsia) die eine verstärkte Dunkelfärbung aufweisen (zumindest, wenn sie frisch importiert sind --> Joachim M. -Pflanzen). Bei mir stellt sich eine Frage. Ist diese Ausfärbung von der Disposition (genetisch bedingte Eigenschaft) oder von der Prädisposition (aktuell bedingter Zustand z.B. durch Witterungseinflüsse, Düngung usw.) abhängig. Oder anders: Kann man durch die Kulturbedingungen eine Pflanze besser gegen Stressbedingung vorrüsten ? --> denn Andreas seine Pflanze hat eine extreme Stressphase optimal überstanden.

Bin auf Eure Antworten gespannt!

Viele Grüsse

Denis
Joachim

Beitrag von Joachim »

Hallo zusammen,
also ich habe vor lauter Schiss meine "schwarzen" T.strikta sogar im Halbschtten das ganze Jahr kultiviert. Siehe da,sie haben nicht nur ihre schöne Blattfarbe behalten sondern seit letzter Woche blüht sie auch sehr schön.

Bild


des weitern habe ich hier eine Vriese die noch einen Namen sucht.
WEr hat mal einen Vorschlag?

Bild

und eine zwar wohl jedem etwas interesierten Liebhaber dürfte diese Vriese auch nicht so ganz unbekannt sein.

Bild


so nun zum Schluß hab ich noch eine echte Rarität für euch

Bild

so das war es mal fürs erste bin am Sonntag wieder aktiv in Sachen Bromelien.

So nun hab ich noch eine Frage???

was um Himmelswillen ist das für eine Superteil???

Bild

T.rothii???
um sachdienliche Hinweise und ein Tauschkindel wird dringend gebeten....
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Denis Gödecke
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Beitrag von Denis Gödecke »

@ Joachim
--> Tillandsia maritima bzw. neuer Name Tillandsia roland-gosselinii

@Jo und alle Anderen
Punkt für Disposition - Schwarzfärbung bei T. stricta scheint aufgrund genetischer Eigenschaften länger zu halten als die Umgebungsbedingungen.

Viele Grüsse
Denis
Timm Stolten
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Beitrag von Timm Stolten »

Joachim hat geschrieben: was um Himmelswillen ist das für eine Superteil???

T.rothii???
um sachdienliche Hinweise und ein Tauschkindel wird dringend gebeten....
Das Foto stammt von der DBG JHV in Linz.
Die Pflanze war dort als Tillandsia maritima etikettiert, diese Art
wird heute zu Tillandsia roland-gosselinii gestellt.

LG Timm
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Joachim

Beitrag von Joachim »

wow cool

,und was ist das nun für eine Vriese?
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Wolfgang
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Registriert: Dienstag, 6 April 2004, 19:31

Beitrag von Wolfgang »

Morgen!
Ich weiß nicht, ob es für mich sehr angebracht ist, hier einmal Timm zu widersprechen :roll: .
Aber: Die Pflanze war in Linz als T. rothii etikettiert, die anderen ähnlichen im Hintergrund als T. maritima (= T. roland-gosselinii).

Eine Kontrolle in http://fcbs.org/pictures.htm bringt ein entsprechendes Ergebnis: beide Arten schauen sich ähnlich, aber rothii ist deutlich größer und hat einen mächtigen Blütenstand mit dicken Ähren wie in Linz auch zu sehen.

Die Pflanzen wurden in Linz viel geknipst, so natürlich auch von mir :wink: :


Bild
Mit besten Grüßen!
Wolfgang
Gast

Beitrag von Gast »

Anhand der Fotos tendiere ich auch mehr zu T. rothii, jedenfalls macht die Pflanze einen deutlich größeren Eindruck als z.B. Bild
Größer nicht nur bezogen auf die Pflanze als solche sondern insbesondere auch auf die Maße der Ähren.

Aber worin besteht denn eigentlich konkret der Unterschied zwischen diesen beiden "Arten" aus taxonomischer Sicht? Gibt es womöglich Übergangsformen? Wie weit sind die Vorkommen voneinander entfernt? Wenn sich selbst die Experten anscheinend nicht sicher sind und das bei blühenden Exemplaren, dann gibt mir das zu denken. Ich habe hier zwei Jungpflanzen von beiden "Arten", die ich auf die gleiche Unterlage gepflanzt habe. Bis auf dass die eine etwas "gelber" ist (Herkunft BRT), sehe ich keinen signifikanten Unterschied. Aber bei Jungpflanzen ist das natürlich kein Argument.

Gruß,
Joachim (der seine Tillandsien gestern größtenteils wieder raus gehängt hat)

Nachtrag: Sorry das war ich (JoachimInB), war leider nicht eingeloggt.
BerndBS
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Beitrag von BerndBS »

Hallo zusammen,
... wieder mal zurück zum ursprünglichen Thema.
@ Andreas: Ich freue mich natürlich auch einfach über so schöne Pflanzen - besonders, wenn ich - in aller Bescheidenheit - vermute, einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben. :-)

@Denis: "Ist diese Ausfärbung von der Disposition ...oder von der Prädisposition ... abhängig?"
Die Frage würde ich mit einem klaren "sowohl als auch" beantworten:
- Es gibt Pflanzen, die sich genetisch (fast) nicht durch Verfärbung schützen können.
(Am Rande bemerkt: Blätter sind in ihrer Jugendentwicklung zu einer begrenzten Adaption an ein bestimmtes Licht-Spektrum (!) für die Optimierung der Photosynthese fähig - sind dann aber darauf festgelegt.)
- Bei den "schutzfähigen" Pflanzen ermöglicht eine optimale Mineral- und Wasserversorgung die Ausbildung eines optimalen Sonnenschutzes/Verfärbung.
- Ich habe bei meinen Düngeversuchen auch eine verstärkte Schuppenbildung beobachtet, die ja auch ein Sonnenschutz ist.
- Je nach schon erworbenem Schutz werden artabhängig immer höhere Belichtungsstärken möglich, die dann wieder den Sonnenschutz/Verfärbung steigern.
- Selbst das Absterben von Pflanzenteilen kann ein "geplanter" Sonnenschutz sein. Einige mexikanische Orchideen schützen ihre Bulben durch abgestorbene Hüllblätter, da sie sich offensichtlich nicht genügen verfärben können.
- Die Dauerhaftigkeit von Verfärbungen hängt vermutlich stark von der Art ab - und hier ist sicher Timm aussagefähiger als ich.

Da ich nach eigener Auffassung vom Ansatz her nur ein "Schmalspur-Theoretiker" (@Andreas :-) ) bin, kann ich meine Aussagen nur als meine Meinung kennzeichnen. Teilweise gelesen und für logisch befunden und teilweise selbst getestet. Wobei meine Versuche aus Zeit- und Kapazitätsgründen nach wissenschaftstheoretischer Sicht nicht voll akzeptabel sind. Widerworte sind deshalb erwünscht!
Ich kann Euch definitiv nicht sagen, welche Verbindung/Element Ihr den Pflanzen zur Verbesserung des Lichtschutzes geben müsst. Ich weiß aber schon relativ gut, was Bromelien in der Natur so bekommen - und versuche das entsprechend in Kultur verfügbar zu machen.

Per aspera ad astra (Das soll in keinem Fall Werbung für Opel sein - aber passt gerade so schön zum Thema.)

Bernd
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JoachimInB
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Beitrag von JoachimInB »

BerndBS hat geschrieben:ich war zwar noch nie am Naturstandort - aber auch von (Hobby-)Forscher bei Wasserpflanzen höre ich immer wieder, dass es an dem Urwaldbach "stockdunkel" war.
Hast Du wirklich schon einmal Durchschnitts- und Extremwerte gemessen?
Hallo Bernd, nein, leider nicht. Ich hatte es mir für meine letzte Tour vorgenommen, aber im Bromelienfieber vergisst man das natürlich. Ich erinnere mich aber lebhaft, dass ich für viele Aufnahmen gezwungen war, den Blitz zu verwenden, da sie andernfalls verwackelt wären. Die Rede ist hier von nebelwaldartigen Standorten bei wolkigem, aber nicht bedecktem Himmel. Durchschnittliches Wetter. T. orogenes, multicaulis, vicentina, lampropoda, lucida etcpp. leben an solchen Standorten. Voll exponiert stehende Felsentillandsien kriegen natürlich eine ganz andere Dosis ab, klar. Aber meine Beobachtungen lassen sich sicher trotzdem auf viele andere populäre Arten übertragen, mir fallen spontan T. fuchsii und velickiana ein, die auch an recht schatigen Standorten wuchsen.
BerndBS hat geschrieben:Bei klarem Himmel erreicht die Lichtintensität in den Tropen mehr als das 20-fache der Werte unserer Heimat.
Wie kommst du auf diese Zahl? In Deutschland steht die Sonne im Juni höher als in Bolivien. Da ist die Intensität der Sonneneinstrahlung sicher größenordnungsmäßig ähnlich, aber nicht um einen Faktor 20 verschieden. Nicht einmal Faktor zwei und wenn doch, dann ist die Sonneneinstrahlung hierzulande intensiver, aufgrund der geringeren Feuchtigkeit der Atmosphäre. Ich erinnere mich an ein Experiment seinerzeit im Leistungskurs Physik (12. oder 13. Klasse). Wir haben damals Im Sommer mit relativ simplen Mitteln die Solarkonstante bestimmt, kamen dabei auf ca. 1000 W/m2, natürlich mit großer Messungenauigkeit aber von der Größenordnung her ganz gut.

Gruß,
Joachim
BerndBS
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Beitrag von BerndBS »

Hallo Joachim und die Runde,
ich habe mal mit den Breitengraden gerechnet:
Die Sonne steht ausschließlich im Juni in Deutschland geringfügig steiler als in Bolivien.
Der "beste" Monat in Deutschland ist der "schlechteste" Monat in Bolivien ("Winter").
Auch in diesem besten Monat steht die Sonne aber ca. 30 Breitengrade südlich von Deutschland.
In Bolivien dagegen steht die Sonne im Dezember voll im Zenit (senkrecht) !!!

Die theoretische Sonneneinstrahlung von Bolivien ist im Durchschnitt der Monate höher als in Ägypten!
Till. stricta soll bis ca. 1700 Meter vorkommen - und mit der Höhe steigt die Sonneneinstrahlung nochmals kräftig.
Ich glaube Dir allerdings komplett, dass die Einstrahlung dort an vielen Tagen durch Wolken extrem gedämpft wird - aber eben nicht an allen.

Viele Grüße
Bernd
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